Von etablierten Unternehmerinnen hört und sieht man nur wenig.

In diesem Artikel stelle ich mir einerseits die Frage, warum das so ist. Andererseits möchte ich meine bisherigen Netzwerk-Erfahrungen teilen.

Es gibt super viel Wissen und Informationen für Gründerinnen. Für Start-Up-Founder. Und für Selbstständige.

Auch Frauen, die selbstbestimmt und nach ihrer Intuition leben möchten, können sich mit Informationen in jeglichen Formaten und in jeglicher Tiefe versorgen. Stichworte: Persönlichkeitsentwicklung, Coaching und Spiritualität.

In Großstädten wie München haben wir auch vor Ort viele Möglichkeiten, zu Netzwerkveranstaltungen, Workshops und Seminaren zu gehen.

Aber was gibt es für uns Frauen, die bereits auf dem Weg sind und mehr Qualität und Tiefe bei Treffen wollen?

Mein Status Quo

Mein „Warum“ ist klar, ich fühle mich richtig auf dem Weg. Ich möchte nicht mehr Suchen. Ich habe ab Mitte 2019 immer wieder bei Veranstaltungen für Gründerinnen und Selbstständige gemerkt: Die Themen wiederholen sich, viele Tipps kenne ich schon und wende sie auch an. Das ist nicht überheblich gemeint. Denn oft tat es mir auch gut, einfach mal selbst von meinen Erfahrungen zu berichten und in den Austausch mit Frauen aus ganz anderen Branchen zu gehen.

Manchmal tut die Wiederholung und ein Verinnerlichen auch gut, aber ich fühle mich müde darin, ein weiteres Mal in einer „Was sind meine Werte?“-Runde mitzumachen. Meine Werte sind: Freiheit, Liebe, Leistung, Weiterentwicklung. Und die große Sinnsuche ist vorbei.

Jetzt soll einfach alles rund laufen. Doch Unternehmerin-Sein läuft nie rund, sondern immer in Phasen. Das weiß ich. Gerade mit Kindern verstärkt sich das Auf und Ab an hohem Engagement oder Passivität. Es gibt Tage, da frage ich mich, wo die Zeit hin ist. Und Tage, da fühle ich mich unkreativ und komme nicht ins Tun. Das ist zu einem gewissen Grad normal.

Warum hört man so wenig von etablierten Unternehmerinnen?

Dazu habe ich bei der IHK München eine aufschlussreiche Studie von 2016 über Unternehmerinnen in Oberbayern (PDF-Link) gefunden.

Herausforderungen im Betrieb - Studie "Unternehmerinnen in Oberbayern"

Quelle: IHK München, Studie „Unternehmerinnen in Oberbayern“ (PDF)

Neben dieser Grafik geht daraus hervor, dass Unternehmerinnen das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf traditionell stärker betrifft als Männer. Auch für die Schwangerschaft und erste Zeit mit dem Baby gibt es wenig (finanzielle) Unterstützung.

Im laufenden Betrieb fehlt es an individuellen Coachings zum Unternehmertum, begleitender Beratung durch Mentoren und spezifischer Hilfe bei der Umsetzung. Soweit die Zusammenfassung aus der Studie.

Umsetzen statt Business Frühstück und Afterwork

Meine eigenen Gedanken gehen in eine ähnliche Richtung. Irgendwann werden die Aufgaben im Business so vielfältig und die Ideensammlungen immer größer. Du hast gemerkt, es bringt Dir nichts, etwas hin und her zu wenden, bevor Du startest. Es geht ums Umsetzen.

Der Punkt, es vom Konsumieren zum Produzieren zu schaffen, ist sehr ausschlaggebend. Immer wieder. Ich arbeite daran selbst noch und muss auch regelmäßig wieder den Perfektionismus über Bord werfen. Knappe Arbeitszeiten und ein ausgefülltes Privatleben haben mir da eher geholfen.

Darum geh ich nicht mehr auf jedes prinzipiell interessante Event und mag auch nicht zu jedem erdenklichen Thema mitreden können. Ich habe mir eine Nische und Richtung gesucht, auf die ich mich fokussieren möchte. Ein Sprechen vor der breiten Öffentlichkeit gehört sowieso nicht dazu.

Inner Circles

Außerdem gibt es fürs gezielte Netzwerken auch den meist effektiveren Weg, sich in Kleingruppen, als Mastermind-Gruppe oder als Mentoring-Team zusammenzuschließen. Auch 1-zu-1-Coachings sind fallweise wertvoller als selbst vor sich hin zu werkeln. Sehr entspannt finde ich auch einen Business Lunch zu zweit, ohne gegenseitige finanzielle Interessen.

Diese Inner Circles treten wenig an die Öffentlichkeit und sind daher auch wenig bekannt, wenn man erst im Starten mit seinem Business ist. Man muss sich dafür auch trauen, „Hier!“ zu rufen und nach Bauchgefühl die richtigen Menschen anzusprechen und zu treffen. Und auch mal Geld zu bezahlen für ein besonderes Seminar oder einen Workshop.

Ich selbst bin erstmal kein Freund von elitärem Verhalten. Darum mag ich es auch nicht, wenn immer ein großes Geheimnis draus gemacht wird, wer sich wo genau Unterstützung holt. Aber ich sehe auch den Nutzen davon, nicht gleich alles öffentlich zu diskutieren und sich Rat auch mal unter vier Augen einzuholen.

Ich habe im Frühjahr 2019 an einer Mastermind-Gruppe nach dem Open-Source-Konzept „Working out loud“ teilgenommen. Eine spontane, aus dem Bauch getroffene Entscheidung, die ich bis heute nicht missen will. Wir sind 5 sehr unterschiedliche Frauen, die teilweise in Anstellung, teilweise mit eigener Firma oder in Gründung beruflich wachsen wollten. Aber wir fanden auch schnell eine schöne persönliche Ebene. Ich muss zugeben, nicht alle gestellten Aufgaben gewissenhaft erledigt zu haben. Aber das machte auch nichts, denn der Weg war das Ziel und das Konzept ist mehr ein Leitfaden. Wir haben tatsächlich alle 12 Treffen durchgezogen, meistens wöchentlich per Zoom-Konferenz, obwohl wir alle in München leben.

Der größte Lerneffekt lag bei mir im Teilen und Mitteilen. Destruktive Selbstzweifel wie „Wer will das hören? Das interessiert doch niemand.“ sind seither passé. Sondern ich lebe mehr nach dem Motto „Was ich sage, ist wichtig.“ Und wenn nur eine Person zuhört und davon profitiert, reicht es ja für den Anfang auch.

Meinen „Working out loud“-Circle habe ich übrigens über die Münchner Regionalgruppe von ehemals „Female Future Force“, heute „The Fem C“ gefunden.

Female Future Force München Abschiedsevent Februar 2020

Letztes Female Future Force Community Event in München, bald gibt es Events unter dem neuem Namen „The Fem C“

Generell findet man Interessenten für einen WOL-Circle gut über die passende WOL-LinkedIn-Gruppe.

So ein tiefer Austausch ist für mich aber nicht ständig notwendig und zeitlich regelmäßig zu schaffen. Außerdem haben Richard und ich ja mit Webgeist gemeinsame Interessen, voranzukommen. So wird auch vieles intern besprochen, was ich sehr schätze.

Richtiges Umfeld schaffen

Trotzdem bleibt der Wunsch nach dem richtigen Umfeld, einer größeren Gruppe zugehörig zu sein.

Ich habe seit 2015 eine längere Odyssee in verschiedenen Netzwerken hinter mir. Das komplett richtige Netzwerk musste sich für mich erst finden. Aber ich bin auch anspruchsvoll und suche nicht wie viele die schnelle Vertriebsmöglichkeit und das Einsammeln von potenziellen Kunden.

Da ich nicht gerne mitten im Rampenlicht stehe, mag ich keine zu förmlichen Veranstaltungen oder ein „Sehen und gesehen werden“ von immer wechselnden Menschen. Ich mag Hineinwachsen und Kontakte vertiefen können. Die Qualität der Kontakte ist mir deutlich wichtiger geworden. Dazu gehört für mich auch ein Umfeld auf Augenhöhe. Aber auch eine gewisse Kreativität und Dynamik.

Auch trage ich gerne etwas ehrenamtlich bei, aber die Möglichkeiten sind oft begrenzt: Entweder Du bist Speakerin. Oder Du bindest Dir gleich sehr viel Organisationsarbeit und zeitliche oder örtliche Präsenz ans Bein. Beides möchte ich nicht.

MomWorks Meetup Mai 2019

MomWorks Meetup im Mai 2019, Foto von Birgit Roschach Photography, https://www.birgitroschach.com/

Momentan habe ich bei „MomWorks“ meinen Platz gefunden. Das ist eine sowohl regional, wie auch online agierender Community für selbstständige Mütter. Ich moderiere zusammen in einem größeren Team die Facebook-Gruppe. Birgit Straub-Müller, die Gründerin des Netzwerks, setzt auf Kollaboration und Austausch. Die Meetup-Themen kommen aus der Community selbst. Ich finde es auch grade gut, hier kein verstaubtes Vereinsregelwerk, sondern die Option auf flexibles Mitwirken vorzufinden.

Mit unserem zweiten Kind wird sich wieder einiges im Alltag ändern. Darum setze ich im Jahr 2020 auch stark auf den Online Austausch und sehe das Video-Tool Zoom oder auch das Schreiben in LinkedIn als Chance.

Warum ist der Austausch unter Frauen so wichtig?

Oft kommt von Männern diese Frage, warum es heute so viele Veranstaltungen „for women only“ gibt und was wir dort so tun.

Ich sehe die Female Empowerment Bewegung dahingehend als richtig an, da kleine Mädchen früher anders erzogen wurden als kleine Jungen. Zumindest für meine Generation ist das noch spürbar. Erst nach und nach öffnen sich die Rollenbilder. Ich fühle mich erst seit den letzten Jahren und mit der eigenen Firma als freier Mensch. Ich darf alles tun, was ich möchte und meine Träume leben.

Früher dachte ich, ich muss mich an Businessregeln halten, fleißig sein und immer mehr als andere Menschen leisten, um es weit zu bringen. Doch bewahrheitet hat sich das nie, es war ein großer Druck auf meinen Schultern.

Und ich bin dankbar, in der Großstadt zu leben. Denn ich weiß, dass für viele Frauen im ländlichen Raum noch ein anderer Wind weht – gerade in Bezug auf Kinder haben und Berufstätigkeit.

Meine persönliche Beobachtung ist, dass Frauen tendenziell eher vorab überlegen, abwägen, viel hinterfragen und dann erst Dinge durchsetzen. Während Männer oft selbstverständlicher an Herausforderungen herantreten und einfach mal machen. Beide Verhaltensweisen müssen nicht richtig sein. Man kann in beiden Fällen auf die Schnauze fallen. Aber sich schon vorab entmutigen zu lassen, das wäre traurig. Genau dafür ist Female Empowerment hilfreich.

Im Unternehmer/innen-Leben ist es so, dass ständig neue Situationen kommen, die man zum ersten Mal bewältigen muss. Hier sind ein Austausch und gegenseitige Unterstützung wertvoll.

Und für mich ist es wichtig, offen reden zu können und ernst genommen zu werden. Und mit „fremden Frauen“ funktioniert das für mich besser als mit „fremden Männern“. Das mag eine Sache der Mentalität und der gefühlten Vertrauensbasis sein.

Ich habe mich schlichtweg bei noch keinem gemischten, größeren Netzwerktreffen in München so richtig wohlgefühlt. Einfach daher unterstütze ich auch eher die reinen Frauennetzwerke.

In Kleingruppen (die oben genannten Inner Circles) funktioniert für mich ein gemischter Austausch gut, gerade weil ein gemeinsames Commitment und die Vertraulichkeit da ist. In großen, losen Netzwerken spüre ich das weniger.

3 Tipps zum wertvollen Netzwerken

Abschließend habe ich 3 Tipps, wenn es darum geht, das richtige Netzwerk für Dich zu finden:

  1. Fokus: Passt es zu meinen Zielen?
    Dein Umfeld sollte Dich in Deinen Zielen unterstützen. Ich habe für mich gespürt, dass ich bei allzu feministischen Netzwerken oder Frauennetzwerken mit großem politischem Engagement raus bin. Ich brauche die Verbindung zum Unternehmertum und Umsetzungstipps für meinen Alltag.
  2. Was kann ich geben?
    Gestalte selbst, wie Du Dich einbringen möchtest und lass Dir kein „freiwilliges“ Ehrenamt aufzwingen. Andererseits: Beteiligung muss auch erwünscht und gelebt werden, sonst ist auch kein aktives Netzwerken möglich. Es braucht etwas Zeit, bis Du spürst, ob es für Dich passt.
  3. Intuitiv entscheiden: Was brauche ich genau heute?
    Wenn Du Termine wahrnimmst, achte auch auf Dich. Bleib nicht extra länger nach einem Vortrag zum Netzwerken, wenn Dir nicht danach ist. Triff eine interessante Person auch mal persönlich oder schreibe sie an, wenn Du meinst, das passt besser als in der großen Runde. Ich entscheide zudem auch mal spontan, wenn eine Veranstaltung nicht weit weg ist oder das Treffen in einer tollen Location stattfindet. Das gibt mir auch wieder frische Inspiration und kreative Gedanken.

Als Fazit kann ich sagen: Ich bin dankbar, dass ich schon in der Anfangsphase unserer Firma viel Netzwerken war und jetzt auch Menschen mehr als einmal treffe. Auch wenn sich der Austausch mehr auf den Online Bereich verlagern wird, ich kann so gut im Gespräch bleiben und daran anknüpfen, da das Fundament schon angelegt ist. Kontinuität zahlt sich auch hier aus.